Fünf prominente Stader plaudern aus dem Nähkästchen
Text und Porträt-Fotos von Wilfried Stief
Stade. Der eine liebt den Anblick der historischen Häuser, die andere das viele Wasser, dass die Innenstadt durchströmt. Farbe zu bekennen – das war die Aufgabe. Was ihnen die Innenstadt bedeutet, was die City mit ihrem persönlichen Lebensweg verbindet und wie sie sich beim Bummeln durch die Altstadt fühlen. Fünf Staderinnen und Stader, die jeder kennt, verrieten ihre Ansichten und Gedanken. Die Gastwirtin Angela Scholz, die Polizistin Silke Tonn, der Café-Betreiber Luigi Gervasio, der Mediziner Professor Dr. Benno Stinner und der Kaufmann Klaus Ney.

Wenn Polizeihauptkommissarin Silke Tonn durch die Stadt geht, ist sie meist beruflich unterwegs. Die Kontaktbereichsbeamtin ist für die Innenstadt zuständig. Doch die meisten Menschen sehen in ihr nicht die Diensthabende, sondern den Menschen, der offen und freundlich durch die Straßen geht und für sie da ist. Unzählige Male wird Silke Tonn angesprochen und viele bedanken sich, dass sie einfach nur da ist. Dabei erweist sich Silke Tonn auch als wertvoller Ratgeber. „Viele ältere Menschen sind zu gutgläubig unterwegs“, sagt die Polizistin. Dann macht sie darauf aufmerksam, dass die Handtasche nicht einfach vorne aus dem Rollator ragen sollte. Bei ihrer Arbeit hat die Hauptkommissarin einen Blick auf die Menschen, aber auch auf die Stadt. Über viele Brücken geht sie während ihres Dienstes und jedes Mal erhascht sie einen Blick auf das Wasser. Der idyllische bewachsene Burggraben, die Weite des Holzhafens, das muntere Treiben auf der Schwinge und das geschäftige Leben im Stadthafen sind besondere Ansichten. Das Wasser, das die Innenstadt umgibt und sie durchzieht, sorgt für viele erhebende Momente bei der Arbeit der Polizeihauptkommissarin.

Ein Bauwerk hat es Klaus Ney besonders angetan: Der Stader Kaufman liebt das Hahnentor. Tatsächlich bedarf es mehrerer aufmerksamer Blicke und einer Portion Geschichtswissen, um den zunächst unscheinbar wirkenden Durchgang schätzen zu lernen. Wer sich etwas Zeit nimmt, erkennt die Besonderheit der Holzkonstruktion, und bemerkt, wie hochklassig hier mit dem alten Baustoff Lehm umgegangen wurde. Oben ist die Lehmwickeldecke zu erkennen. Das Tor von 1658 war lange Zeit ein wichtiger Zugang zum Stader Innenstadtbereich. Für Klaus Ney hat es eine ganz persönliche Bedeutung. Ney wurde schräg gegenüber vom Hahnentor geboren und kennt es seit der Kindheit. Nur 200 Meter entfernt führt er seit nunmehr 30 Jahren das Schuhhaus Ney, das schon der Vater und der Großvater leiteten. 1895 übernahmen die Neys den Schuhmacherbetrieb, in dem in Maßarbeit gefertigt wurde. Das Handwerkliche hielten die Neys immer hoch und so gab es all die Jahre eine Schuhreparatur im Haus. In einem weiteren öffentlichen Bereich zeigt sich Klaus Ney als Bewahrer der Tradition. Er ist Stadtbrandmeister, so wie sein Vater Adolf Ney es war.

Auf eine gewisse Tradition kann auch das Fuerkiek als alt eingesessene Gastwirtschaft am historischen Hafen zurückblicken. Am 1. August 1999 übernahm Angela Scholz dort die Regie und bietet ihren Gästen seitdem täglich ab 12 Uhr gepflegte Getränke, bierbegleitende Speisen und später am Tag eine entspannte Feierabend-Atmosphäre. Gerne in der urigen Wirtschaft, zu der ein paar Treppen hinabführen oder auch nahe der Kaimauer, wenn das Wetter stimmt. Angela Scholz – kurz Angie genannt – blickt gerne im Halbrund vom Schwedenspeicher über den Hafen hinweg bis zum Fischmarkt. „Es ist einfach schön hier“, sagt die Gastronomin. Und sehr wandlungsfähig. Denn von italienischem Flair bis zu norddeutschem Schmuddelwetter ist hier atmosphärisch schnell der Bogen gespannt. Auch viele ihrer Gäste können das nachempfinden. Jung und alt ist vertreten und übers ganze Jahr wird gekniffelt, geknobelt, Skat gedroschen und Doppelkopf gespielt.

Ob Zitrone-Basilikum oder einfach Schokolade – für seine Gäste macht Luigi Gervasio in seinem Eiscafé in der Hökerstraße so ziemlich alles möglich. Dafür sprechen schon allein die 24 Eissorten, die im Angebot sind. Und in jeder Saison gibt es neue Sorten, die den Publikumsgeschmack treffen. Luigi Gervasio hat seine ganz eigene Definition von Arbeit. „Ich verbringe den ganzen Tag hier und begrüße die Menschen in meinem Wohnzimmer“, sagt er und zeigt auf sein Café. Den Gästen ihre Wünsche zu erfüllen und die Bestellungen zu bringen und dabei immer ein nettes und lustiges Wort auf den Lippen zu haben, ist für ihn mehr Zeitvertreib denn Arbeit. 1996 hat Luigi Gervasio bei Null angefangen und angefangen, sein Eiscafé aufzubauen. Mittlerweile kennt er die halbe Stadt und die halbe Stadt kennt ihn und sein Eiscafé in der Hökerstraße.

Auch wenn sein Arbeitsschwerpunkt das „Stader Krankenhaus“ war, mit der Innenstadt verbindet Professor Dr. Benno Stinner, ehemaliger Chefarzt am Elbeklinikum sehr viel Persönliches. Als er mit seiner Familie vor gut 25 Jahren nach Stade kam, wurde er vom Rotary Club Stade aufgenommen. Dort lernte er viele Menschen aus Stade und der Region kennen, die sich als Rotarier der Wohltätigkeit verpflichtet fühlen und die ihm den Einstieg in die neue Stadt sehr erleichtert haben. Auch in Stade wird von Rotary lokal gehandelt und global geholfen. Bei einer der Aktionen lernte Benno Stinner den Holzkran am Fischmarkt kennen. Dort verkauften die Rotarier beim Altstadtfest Wein für einen guten Zweck. Mit einem Augenzwinkern verrät der ehemalige Chefarzt, dass er bei diesem Altstadtfest merkte, dass es in Sommernächten in Stade nie ganz dunkel wird. Allerdings halte dieses Phänomen nicht lange an, lacht Stinner. An Stade mag der seit wenigen Monaten im Ruhestand befindliche Mediziner, dass es auch in einer familiären Stadt umfassende Versorgungsmöglichkeiten gibt. Und das reicht von der qualitativ hochwertigen medizinischen Hilfe bis hin zu den vielen Geschäften und dem Wochenmarkt mit seinem reichhaltigem Angebot und seinen netten Menschen.

Lucia bringt das Licht nach Stade:
Chor aus Schweden begeistert im Dezember beim Fackellauf und bei Konzerten
Stade. Die Lucia-Sängerinnen aus Schweden kommen wieder nach Stade und erfreuen die Menschen mit ihren Auftritten in Kindergärten, Schulen und Seniorenheimen. Auch öffentlich sind sie Anfang Dezember in der Stader Innenstadt zu bestaunen, zum Beispiel beim Fackellauf durch die Innenstadt und beim Konzert in St.- Wilhadi.
Das Lucia-Fest ist ein historischer, schwedischer Brauch zur Weihnachtszeit. Im Mittelpunkt steht die Lichterkönigin Lucia, die die winterliche Dunkelheit vertreiben und wärmendes Licht in die Häuser bringen soll. Daher tragen die Lucia-Sängerinnen einen Kranz aus Kerzen auf ihrem Haupt.
Die vielen Stadern über fast 30 Jahre lang lieb gewonnene Tradition wird auch in diesem Jahr wieder von der Gemeinschaft der Händler und Gastronomen, Stade aktuell, und zusammen mit vielen Organisatoren und Sponsoren auf die Beine gestellt. Der Besuch des Lucia-Chores gehöre zur Stader Adventszeit, fast so wie der Weihnachtsmarkt selbst, sagt Stade aktuell-Vorsitzender Amir Afschartabbar.