SPO: Subjekt, Prädikat, Objekt

SPO: Subjekt, Prädikat, Objekt

die Sprache der pubertierenden Kinder und der (humorvolle) Umgang damit Herr Jung, was hat Sie ...

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© Matthias Jung

die Sprache der pubertierenden Kinder und der (humorvolle) Umgang damit

Matthias Jung

Kinder sind was Schönes, haben sie gesagt – bis man morgens einem Zweijährigen beim Anziehen zuschaut und sich fragt, ob man jemals wieder pünktlich irgendwo ankommt. Zwischen „Ich kann das alleine!“, „Das ist unfair!“ und der Kunst, ein Brot falsch durchzuschneiden, bleibt Eltern eigentlich nur eins: Humor. Doch wie setzt man Grenzen, ohne dabei Kandidat für die Therapie zu werden? Deutschlands bekanntester Familiencoach und SPIEGEL-Bestsellerautor Matthias Jung hat nicht nur Antworten auf die Frage von Stader Brise Redakteurin Julia Balzer, sondern auch jede Menge Trost für alle Eltern im Survival-Modus. Und wer noch mehr über die Eigenarten von Pubertieren erfahren möchte, kann dies bei seinem Auftritt im STADEUM am 08.05.2025 tun – Humor, Wissenswertes und Aufmunterndes garantiert.

Herr Jung, was hat Sie dazu inspiriert, sich so intensiv mit der Pubertät zu beschäftigen und sogar ein Buch darüber zu schreiben? 

Ich fand die Pubertät schon immer faszinierend, denn die Phase „Man ist nicht mehr Kind, aber auch noch nicht erwachsen“ hat auch etwas mit der eigenen Pubertät, in der wir alle waren, zu tun. Ich nenne diese Phase gerne den „Pubertätsnebel“: Kinder verschwinden darin und tauchen später als nette Erwachsene wieder auf. Eltern vergessen das oft, aber ich beruhige sie immer mit dem Satz: „Keine Angst, sie kommen wieder!“ Es ist eine Zeit der Selbstfindung und des Ausprobierens. Das fasziniert mich bis heute.

Warum ist diese Phase Ihrer Meinung nach so wichtig? 

Pubertät ist die Zeit des Abnabelns. Ich sage oft, es ist wie ein Rendezvous mit sich selbst – kein Speed-Dating, sondern ein Prozess. Teenager ziehen sich zurück, um herauszufinden, wer sie sind und wie sie in die Welt passen. Dieser Rückzug ist ihre erste Aufgabe. Eltern erleben das oft als schwierig, weil sie den Eindruck haben, ausgeschlossen zu werden. Aber genau das ist ein Zeichen dafür, dass die Kinder auf dem richtigen Weg sind. 

Bringen Sie eigene Erfahrung aus Ihrer Jugend mit in Ihre Arbeit?

Oh ja, meine Mutter und ich hatten oft heftige Diskussionen. Wir sind sehr unterschiedlich, und das führte natürlich zu Reibungen. Aber genau das ist ja der Punkt: Teenager probieren sich dort aus, wo sie sich sicher fühlen – bei den Eltern. Ich sage Eltern oft, dass das ein Kompliment ist, auch wenn es sich nicht so anfühlt. Früher lief vieles noch anders. Auch meine Mutter war damals sehr eigen. Sie hatte klare Vorstellungen, wie Dinge zu sein haben, und das prägte meine Jugend. Zum Beispiel gab es bei uns nur vier Sorten Eis – Erdbeer, Vanille, Zitrone und Schokolade. Alles andere war „Quatsch“. Als ich das erste Mal Stracciatella probiert habe, war das wie eine Offenbarung! Diese Anekdoten helfen mir, den Eltern zu zeigen, dass Pubertät eben auch mit Humor betrachtet werden kann, man aber auch hin und wieder über den eigenen Tellerrand hinausschauen sollte.

Was sind die häufigsten Missverständnisse, die Eltern über ihre pubertierenden Kinder haben? 

Das größte Missverständnis ist, alles persönlich zu nehmen. Wenn Teenager ausrasten oder provokant sind, tun sie das nicht gegen ihre Eltern, sondern für sich selbst. Sie befinden sich in einem hormonellen Ausnahmezustand und testen ihre Grenzen aus. Ein weiteres Missverständnis ist die Suche nach der „goldenen Regel“. Eltern wollen oft einfache Antworten auf komplexe Fragen, wie zum Beispiel: „Wie lange darf mein Kind am Bildschirm sitzen?“ Aber jede Familie und jedes Kind ist anders. Wichtig ist, dass Eltern sich selbst treu bleiben und flexibel auf die Bedürfnisse ihrer Kinder eingehen. 

Wie gelingt es Eltern, trotz Stress und Konflikten die Beziehung zu ihren Kindern zu stärken? 

Indem sie im Dialog bleiben, auch wenn dieser manchmal stockt. Teenager reden weniger, besonders Jungs. „SPO – Subjekt, Prädikat, Objekt“ – länger sind Sätze oftmals nicht. Da heißt es, geduldig zu bleiben und auf die richtigen Momente zu warten. Rituale können dabei helfen, die Verbindung zu halten. Auch wenn sich diese verändern, entstehen oft neue. Mein Sohn und ich teilen zum Beispiel ab und zu einen riesigen Eimer Eis. Solche Momente schaffen Nähe. Wichtig ist, sich für die Interessen der Kinder zu begeistern, auch wenn sie uns nicht immer interessieren. Wenn mein Sohn von einem „epischen Sieg“ bei Fortnite erzählt, leuchten seine Augen – und da ist es wert, zuzuhören.

Gibt es Situationen, in denen Humor oder Gelassenheit nicht mehr helfen? 

Ja, bei ernsthaften Themen wie Drogen, Alkoholmissbrauch oder Essstörungen sind professionelle Hilfen gefragt. Humor hat dort keinen Platz. Aber auch in emotional aufgeladenen Momenten – wenn der „Rollladen im Gehirn“ runtergeht – hilft Humor nicht. Dann ist es besser, einfach da zu sein, vielleicht nur eine Hand auf die Schulter zu legen. Ironie, die von Teenagern ohnehin oft nicht verstanden wird, ist in solchen Momenten ebenfalls fehl am Platz. Und: Man sollte die Kinder immer ernst nehmen.

Welche typischen Alltagssituationen schildern Ihnen Eltern, und was raten Sie ihnen dann? 

Klassische Beispiele sind: „Mein Kind mag das Essen nicht“ oder „Alle anderen dürfen länger wegbleiben.“ Beim Thema Essen rate ich zu Flexibilität. Teenager haben oft andere Essenszeiten, weil sich ihr Biorhythmus verändert. Das heißt, sie haben vielleicht abends Hunger und nicht um 18 Uhr. Wichtig ist, dass man versucht, die gemeinsamen Mahlzeiten beizubehalten, aber ohne Zwang. Generell empfehle ich, klare Regeln zu setzen, aber auch individuell zu schauen, was das Kind leisten kann. Vertrauen ist hier entscheidend – und das baut auf den ersten Jahren auf.

Was ist Ihr wichtigster Rat an Eltern, die mitten in der Krise Pubertät stecken? 

Erinnern Sie sich daran, dass es eine Phase ist, die vorübergeht. Sie leben in dieser Zeit quasi in einer Fernbeziehung mit Ihrem Kind, auch wenn Sie im selben Haus wohnen. Bleiben Sie geduldig, neugierig und humorvoll. Und vertrauen Sie darauf, dass am Ende ein netter, erwachsener Mensch aus dieser Phase hervorgeht.

Was dürfen die Zuschauerinnen und Zuschauer in Ihrem Programm im STADEUM erwarten? 

Mein Programm basiert auf drei Säulen: Wissen, Alltagstauglichkeit und Humor. Ich vermittle Fakten, die helfen, entspannt mit der Pubertät umzugehen. Gleichzeitig greife ich typische Alltagssituationen auf und mache sie greifbar. Und mit Humor schaffe ich Bilder, die im Gedächtnis bleiben. Es ist ein Dialog mit dem Publikum, ohne PowerPoint, dafür mit viel Herz. Eltern sollen lachen, verstehen und mit einem positiven Gefühl nach Hause gehen.

Vielen Dank, Herr Jung, für dieses inspirierende und unterhaltsame Gespräch.

Donnerstag, 8. Mai 2025

„Kinder sind was Schönes, haben sie gesagt – von der Trotzphase bis zur Pubertät“ – Ein Abend mit Familiencoach Matthias Jung im STADEUM

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